Nepomuk-Kapelle / Lendkapelle
Die Nepomuk-Kapelle ist eine Haller Sehenswürdigkeit die gegen Ende des Rokoko errichtet und 1989 restauriert wurde.
Lage
Die Kapelle befindet sich im südlichsten Haller Stadtteil "Lend" im Bereich Untere Lend neben dem Inn.
Historie
Warum gibt es auf der so genannten „Unteren Lend“ eine so hübsche Rokoko-Kapelle aus dem Ende des 18. Jahrhunderts? Die Flurbezeichnung „Lände, Lend“ weist darauf hin, dass dort die Anlegeplätze der Innschifffahrt waren. Der große „Holzrechen“, der quer über den Inn errichtet worden war, um das zum Verkochen der Salzsole im Sudhaus benötigte und auf dem Wasserweg vom Oberinntal und dem Engadin angetriftete Heizholz aus dem Inn an Land zu ziehen, stoppte die Innschifffahrt und teilte das Haller Lendgebiet am Inn in eine „Obere“ und „Untere Lend“. Somit war der Inn erst ab Hall in der „Unteren Lend“ schiffbar, wo es einen ziemlich großen Umschlageplatz von Waren vom Wasserweg auf Fuhrwerke und umgekehrt gegeben haben muss. Daran mag diese Kapelle auch erinnern, auch wenn sie in erster Linie einem anderen Gedenken gewidmet ist.
Diese Kapelle erinnert nämlich daran, dass von hier aus der Leichnam von Kaiser Franz I. Stephan von Lothringen, dem Gemahl von Maria Theresia von Österreich, 1765 mit Schiff nach Wien in die Kapuzinergruft, die Begräbnisstätte der Habsburger, gebracht worden ist. Was für ein Unglück war geschehen? Während der Hochzeitsfeierlichkeiten ihres zweitältesten Sohnes Leopold mit Maria Ludovica von Bourbon-Spanien in Innsbruck ist Kaiser Franz Stephan am 18. August 1765 vermutlich an einem Herzinfarkt plötzlich verstorben. Nach der Aufbahrung in der Innsbrucker Hofburg wurde der Leichnam mit großem Gefolge fünf Tage später nach Hall gebracht, um von hier die lange Schiffsreise nach Wien anzutreten. Wenige Jahre später wurde in piam memoriam diese Kapelle errichtet.
Mit dem Bau der Eisenbahn in den Jahren 1856 bis 1858 ist der Schiffsverkehr auf dem Inn zum Erliegen gekommen. Da die Untere Lend doch weit vom Zentrum der Stadt entfernt liegt, war dort die Bevölkerungsdichte gering. Der alte große Getreidekasten wurde zu Wohnungen umgebaut und die einstige Glashütte in ein Altersheim (damals „Greisenasyl“ genannt) verwandelt. Die alte Lendkapelle zeigte immer mehr Spuren des Verfalls. Erst als dieser Stadtteil nach dem Zweiten Weltkrieg durch Wohnbauten einen Aufschwung nahm und heute ein florierendes Wohngebiet von Hall ist, nahm sich die Stadtverwaltung der Lendkapelle an und ließ sie 1989 originalgetreu im Rokokostil restaurieren, so dass sie zu den Haller Sehenswürdigkeiten gehört.
Warum ist diese Kapelle dem Märtyrer Johannes Nepomuk geweiht? Johannes war in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts Priester am Dom von Prag. Der Legende nach ließ ihn der sittenlose König Wenzel IV. gefangen nehmen, foltern und von der Karlsbrücke in Prag in die Moldau stürzen, weil er von Johannes erfahren wollte, was seine Gattin gebeichtet habe, Johannes aber geschwiegen hat. So wurde Johannes Nepomuk zum Vorbild der Bewahrung des Beichtgeheimnisses und 1729 heilig gesprochen. Weil er in die Moldau gestürzt worden ist, findet man sein Standbild häufig an Flüssen und Brücken. So auch in der Lendkapelle am Inn.
Dr. Gerhard Rief