Friedhofskapelle
Die Kapelle birgt einen für Tirol seltenen kunsthistorischen Schatz, der versucht, in der künstlerischen Tradition der Jahrhundertwende die Aussagen des Christentums über die Vollendung des Menschen darzustellen.
- Sechseckiger Kuppelbau von Architekt Peter Vonstadl (1869-1919)
- Fresken von Alfons Siber (1860-1919)
Inhaltsverzeichnis
Lage
Um 1898 wurde der Friedhof in der Stadt (jetzt: „Altstadtpark“) aufgelassen und am nördlichen Stadtrand, an der Straße ins Halltal, neu errichtet. Die in Sechseck-Form erbaute Kapelle steht zwischen seitlichen Arkadengängen.
Architektur
Die Umfassungsmauer, den Torbau und die Kapelle (heute im Zentrum der Anlage) entwarf der Haller (Sakral-)architekt Peter Vonstadl (1869-1919) im neoromanischen Stil. Er übernahm das Architektenhandwerk von seinem Vater Josef, der zahlreiche Sakralbauten quer durch Tirol und Südtirol im neogotischen oder neoromanischen Stil erbaute.
Innenraum
Wer die Kapelle betritt, nimmt zuerst die dunkelgehaltenen Wandnischen wahr. Aus der grünlich-blauen Dekorationsmalerei streben Schatten menschlicher Seelen nach oben. Dem Eingang gegenüber das zentrale Fresko: Christus als Auferstandener am Grab sitzend, auf byzantinisch angehauchtem Goldhintergrund. Die Engel in den links und rechts anschließenden Wandflächen stellen den Sieg über Tod (rechts) und die Sünde (links) dar. Die weiteren Wandflächen sind mit dem Engel des Todes (östlich) und dem „Herrlichkeitsengel“ (westlich) ausgemalt, während über dem Eingang der Erzengel Michael mit Schwert und Waage, nicht mehr am Grab, sondern auf Wolken thront – ein Hinweis Sibers auf das Ende aller Dinge in der Ewigkeit. In den sechs Feldern der Kuppel erscheinen wiederum die – nun vollendeten – Seelen als Engelsgestalten, die einer Sonnendarstellung in der Mitte zuschweben.
Der Ausgestaltung der Wandflächen des Kuppelbaus widmete sich Alfons Siber zwischen 1900 und 1903. Als Künstler steht der 1860 in Schwaz geborene zwischen historistischen Anklängen und dem Einfluss der Wiener Secession. Seine Studien an der Akademie dürften Siber eben auch mit dem Jugendstil in Berührung gebracht haben. Die Fresken bilden sein Hauptwerk und einen der wenigen künstlerischen Anklänge an die Secession und den Jugendstil in der Tiroler Öffentlichkeit. Heftig wurde damals über die theologische Aussagekraft und den Zusammenhang der Wandmalereien in Hall debattiert. Siber selbst war in Hall ansässig, betätigte sich auch als Restaurator und Maler mittelalterlicher Szenen (etwa im Rathaus Hall) und starb 1919. Er wurde wie auch Peter Vonstadl am neuen Haller Friedhof bestattet, sein Grab ist heute leider nicht mehr erhalten.
Nachtrag
Im Zentrum des christlichen Glaubens steht die Auferstehung! Dem Tod ist letztlich alle Furcht genommen – Lebende und Tote stehen in einer Solidaritätsgemeinschaft, die sich in den Orten und im Umgang mit den Verstorbenen ausdrückt: Friedhöfe werden errichtet, Gräber geschmückt und in verschiedenen Bildern wird versucht, Auferstehung und ewiges Leben zu deuten. Am ursprünglichen Friedhof der Stadt Hall in Tirol um die Pfarrkirche versucht etwa das gotische Wandfresko des „Jüngsten Gerichtes“ (siehe: Magdalenakapelle) in der Bildsprache seiner Zeit das Geschehen nach dem Tod einzufangen.
Michael Schober