Herz-Jesu-Basilika
Die Herz-Jesu-Basilika, ehemals Stiftskirche, ist ein barockisierter Renaissance-Bau mit nach Norden zum Stiftsplatz ausgerichteter Fassade (1570). Das schöne Portal mit Pfeilern, Ädikula und Dreiecksgiebel ist ein seltenes Zeugnis der Renaissance in Tirol. 1783 unter Kaiser Josef II. gesperrt und für profane Zwecke verwendet. Erst 1914 fand die Wiedereröffnung statt und die Kirche erhielt den Ehrentitel Basilika. Seither beten dort die Schwestern des Ordens "Töchter des Herzens Jesu".
- Erbaut 1567 bis 1570 vom Tessiner Baumeister Giovanni Lucchese im Renaissance-Stil
- Vierjochiges, gewölbtes Langhaus mit von einer Laterne gekröntem Chor
- Zweigeschossige Empore
- Nach dem Erdbeben von 1670 erhielt der Turm die barocke Kuppel
Inhaltsverzeichnis
Lage
Die Herz-Jesu-Basilika, vormals Stiftskirche, liegt am Stiftsplatz neben dem sogenannten Damenstift und der Jesuitenkirche in der Haller Altstadt.
Architektur
So wie sich die ehemalige Stiftskirche heute präsentiert, ist sie ein barockisierter Renaissancebau mit nach Norden zum Stiftsplatz ausgerichteter Fassade. Über vier jonischen Pilastern erhebt sich ein reich mit Stuckdekor verzierter Giebel mit drei Nischen, in denen die Statuen der Muttergottes mit Kind, des hl. Ignatius und des hl. Franz Xaver zu sehen sind. Besonders hervorzuheben ist das schöne Renaissanceportal mit Pfeilern, Ädikula und Dreiecksgiebel.
In den ersten Jahren nach Erbauung des Stiftes und der Kirche (1567-1570) durch den Tessiner Baumeister Giovanni Lucchese (1510-1581), den der Tiroler Landesfürst, Erzherzog Ferdinand II., zum Hofbaumeister ernannt hatte, war das vierjochige durch eine Stichkappentonne gewölbte Langhaus noch schmucklos, nur durch Rotmarmorpilaster gegliedert.
Ein Blick auf den Turm der Kirche lohnt sich: Er zählt zu den schönsten Barocktürmen Tirols. Nach dem großen Erdbeben von 1670, durch das der gotische Turm baufällig geworden war, wurden die barocke Zwiebelhaube mit Laterne in Kupfer aufgesetzt und die kunstvollen Wasserspeier gestaltet. Die Bemalung erfolgte erst Ende des 19. Jahrhunderts.
Wo in aller Welt findet man auf engem Raum - wie auf dem Haller Stiftsplatz - Kunst, Beschaulichkeit und Leben so harmonisch vereint?
Innenraum
1914 erhielt die bis dahin zweckentfremdete Stiftskirche wieder ihre ursprüngliche Bestimmung als Gotteshaus.
Nachdem die barocken Altäre nicht mehr vorhanden waren, mussten neue errichtet werden. Daher sieht man heute drei einfache Altäre. Über dem neuen Anbetungsaltar steht auf einem Sockel der Südwand des Chores eine große Herz-Jesu-Statue des Innsbrucker Künstlers Alois Winkler (1848-1931).
Der bekannte Haller Künstler Franz Xaver Fuchs (1868-1944) malte die ovalen Bilder der beiden Seitenaltäre: Maria Immaculata und Petrus Canisius.
Die drei großen Fresken an der Ostwand der Kirche schuf der junge Schwazer Künstler Emanuel Raffeiner (1881-1923) im Jahr 1919/20. Die dargestellten Personen tragen Gesichtszüge seiner Familie.
Der reiche Stuckaturschmuck aus dem 17. Jahrhundert an den Wänden und im Gewölbe hat die Profanierung der Kirche zum Glück schadlos überstanden. In der Mitte des Gewölbes befindet sich, von einem Stuckrahmen umgeben, ein Leinwandgemälde, das die Himmelfahrt Mariens darstellt; nach Erich Egg: das Werk des Münchner Malers Johann Brüderl.
Der Gebetschor der Herz-Jesu-Schwestern befindet sich nicht auf der Empore, wie zur Zeit der Stiftsdamen, sondern im vorderen Drittel der Kirche und ist durch ein einfaches Gitter vom Gebetsraum der Gläubigen getrennt. Die Schwestern tragen Christus vor dem ausgestzten Allerheiligsten Sakrament täglich in einem halbstündigen Wechsel ihre Gebete des Lobes, der Danksagung und der Sühne vor. Dabei schließen sie alle Anliegen, die ihnen von Gläubigen vorgetragen werden, mit ein. Die Herz-Jesu-Schwestern werden wegen ihrer schönen weißen Ordenskleidung von der Haller Bevölkerung liebevoll „Weiße Tauben“ genannt.
Eine große Gedenktafel unter der doppelten Empore erinnert an den „zweiten Gründer der Stiftskirche“, Erzherzog Franz Ferdinand, aber auch an den letzten Kaiser von Österreich, Karl I. von Habsburg-Lothringen. Von dem im Jahr 2004 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochenen Kaiser Karl wird eine Reliquie in einer kleinen Monstranz auf dem rechten Seitenaltar verehrt.
Die Gedenktafel der urspünglichen Gründerin der Kirche, Erzherzogin Magdalena von Österreich, ist auf der Ostwand unter der Kanzel zu sehen.
Sehr eindrucksvoll ist der Blick auf die zweigeschossige Empore mit der Brüstung und den drei rundbogigen Arkaden auch aus Rotmarmor, aus der Bauzeit von 1570. Im ersten Obergeschoß befand sich der Betchor der Damen, darüber der Musikchor. Die Stiftsdamen legten großen Wert auf festliche Musik bei den Gottesdiensten.
Öffnungszeiten
Täglich von 07:00 bis 18:00 Uhr
Der Stiftsplatz und das königliche Stift
Stiftsplatz
Einer der schönsten Plätze der historischen Stadt Hall in Tirol ist der barocke Stiftsplatz, in dessen Mitte sich ein Brunnen befindet, auf dem ein lebensgroßes in Metall gearbeitetes Standbild der Erzherzogin Magdalena von Österreich (1532 – 1590) steht. Der österreichische Metallbildhauer Rudolf Reinhart (1897 – 1975), der aus Oberösterreich stammt, aber viele Jahre in Hall gelebt und hier am Friedhof seine Grabstätte hat, hat diese Statue 1952 geschaffen. Außerdem sind von ihm in der Stadt in Metall gearbeitete Straßenbezeichnungen zu bewundern.
Warum wird diese Habsburgerin in Hall so verehrt? Auf Erzherzogin Magdalena und ihre beiden Schwestern Margarethe und Helena geht dieser schöne, kunsthistorisch bedeutsame Platz mit den beiden Kirchen, Stiftskirche und Jesuitenkirche, dem heutigen Bezirksgericht, dem ehemaligen Stift und dem Schulgebäude zurück.
Das königliche Stift
Kaiser Ferdinand I. (1503 – 1564) hatte 15 Kinder, von denen die drei Töchter Magdalena, Margarethe und Helena das glänzende Hofleben verlassen und sich in ein beschauliches Leben zurück ziehen wollten. Hierfür suchte Magdalena einen geeigneten Ort und fand ihn in Hall in der Süd-Ost-Ecke der Stadt in der ehemaligen Festung Sparberegg, aus der gerade die Münzprägung 1567 ausgezogen und in die Burg Hasegg übersiedelt war. Sie konnte das Gebäude von der Stadt erwerben und zu einem klosterähnlichen Zweck - mit finanzieller Unterstützung ihres Vaters und ihres Bruders Ferdinand II., des Landesfürsten von Tirol - umbauen lassen. Schon 1569 bezog Magdalena mit ihrer Schwester Helena – Margarethe war schon 1567 gestorben - und mit einigen adeligen Damen das neue Stiftsgebäude. Auch an der Kirche wurde bereits seit zwei Jahren im lombardisch-gotischen Stil eine einschiffige Anlage errichtet.
Erzherzogin Magdalena fungierte als erste Fürstobristin (Oberin) und verfasste mit Unterstützung des Petrus Canisius (heilig gesprochen 1925), der damals Provinzial der oberdeutschen Jesuitenprovinz war, zu der auch Tirol gehörte, ein Statut für diese Gemeinschaft, wobei sie Wert darauf legte, dass es sich nicht um ein Kloster handle, sondern um eine Gemeinschaft eheloser adeliger und bürgerlicher Damen, die ein frommes und gottgefälliges Leben in Beschaulichkeit führen wollten.
1
Sie mussten keine Gelübde ablegen, sondern sich Gott in Keuschheit weihen und der Oberin Gehorsam versprechen und sich verpflichten, zeit ihres Lebens im Stift zu bleiben. Eine Klausur bestand nicht, nur „Mannspersonen“ durften das Stift nicht betreten. Es gab keine einheitliche Kleidung, aber bevorzugt waren lange schwarze hoch geschlossene Kleider. Magdalena trug nach dem Tod ihres Vaters (1564) nur noch Trauerkleidung. So war das königliche Stift kein Kloster, hatte aber eine Verfassung, die in ihrer Art einzigartig ist.
Magdalena war auch sehr darauf bedacht, dass die Stiftung ein wirtschaftliches Fundament bekommt. So brachten die jungen Frauen aus adeligen Häusern ihre Aussteuer mit, durch Vererbung konnten große Grundstücke erworben werden. Schon Ende des 16. Jahrhunderts bekam Erzherzogin Magdalena das „Gut auf dem Aichach“, das heutige Thurnfeld mit dem großen eingezäunten Grundstück, das für das Stift von einem Bauern bewirtschaftet wurde. Zur Erholung konnten sich die Damen auch auf dieses doch etwas höher gelegene Grundstück mehrmals im Jahr zurück ziehen. Im Voldertal erwarben sie eine Alm, die heute noch den Namen „Stiftsalpe“ trägt. Aber sogar in Osttirol gehörten ihnen große Besitzungen. So verfügte das Damenstift über einen gewissen Reichtum, der dazu diente, nicht nur die Kirche kostbar auszugestalten, sondern für die Stadt von wirtschaftlicher Bedeutung war. Zahlreiche Haller fanden hier Arbeit und Verdienstmöglichkeit.
Nicht außer Acht darf man das soziale Engagement der Kaisertochter Magdalena und all ihrer Nachfolgerinnen in der Leitung des Stiftes lassen: Sie sorgten sich in vorbildlicher Weise um die Armen und Notleidenden in der Stadt: Diese bekamen an der Pforte Suppe und Brot, aber noch viel wertvoller war, dass der Stiftsarzt mittellose Kranke kostenlos behandeln musste. Darüber berichtet sogar der bekannte Stiftsarzt Dr. Hippolyt Guarinoni (1571 – 1654). Die Honorare übernahm das Stift. Alt gewordene Stiftsangestellte bekamen eine finanzielle Altersversorgung.
Von besonderer Bedeutung für Stadt und Land war die von Magdalena schon 1571 gewünschte Gründung eines Gymnasiums durch Jesuiten. Ein ganz wesentliches Arbeitsfeld der Jesuiten (gegründet von Ignatius von Loyola, päpstlich anerkannt seit 1540) war die Erziehung und Bildung der Jugend. Diesem Ziel widmete sich intensiv Peter Kanis (latinisiert: Petrus Canisius). Er hatte bereits Schulen in halb Europa gegründet, auch schon 1562 in Innsbruck, das heutige Akademische Gymnasium. Darum konnte er sich dem Wunsch der Erzherzogin, nur 10 km entfernt, schon wieder ein Gymnasium zu gründen, zunächst nicht anschließen. Magdalena konnte ihn jedoch von der Notwendigkeit einer solchen Schule in Hall, für die sie bereits ein Gebäude gefunden hatte, überzeugen. So wurde am 18. Oktober 1573 das Gymnasium mit einem Gottesdienst, an dem auch der Landesfürst von Tirol, Magdalenas Bruder Erzherzog Ferdinand II., mit seiner Gattin Philippine Welser und den beiden Söhnen Andreas und Karl teilnahm, feierlich eröffnet.
Erzherzogin Magdalena wünschte sich Jesuiten nicht nur als Lehrer in ihrer Nähe, sondern auch als Prediger und Beichtväter in der Stadt. Sie sollten ein Bollwerk gegen den immer stärker werdenden Einfluss des lutherischen Glaubens in der Stadt bilden. So erreichte sie über den Ordensgeneral in Rom, Francisco de Borja (Francesco Borgia), dass sich die Jesuiten in Hall niederließen. Mit Unterstützung des Kaiserhauses wurden Kloster und Kirche nördlich des Damenstiftes gebaut. (Siehe Jesuitenkirche!)
Dieser junge Orden übte eine derartige Anziehungskraft aus, dass in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Tausende junger Männer in Europa in den Orden eingetreten sind.
Die Schließung des königlichen Stiftes und Aufhebung des Jesuitenordens
Aus der bisherigen Darstellung kann man schließen, dass in der Südostecke der Stadt ab dem Ende des 16. Jahrhunderts ein buntes Leben geherrscht haben muss. Am Ende des 18. Jahrhunderts jedoch schlagen zwei Ereignisse ein, die diesem lebendigen Treiben ein jähes Ende gesetzt haben.
Mit dem Breve „Dominus ac Redemptor“ vom 21. Juli 1773 hob der spanisch gesinnte Papst Clemens XIV. auf politisches Drängen von Portugal, Spanien und Frankreich den Jesuitenorden auf. Die Patres mussten ihre Klöster schließen, ihr Besitz fiel dem Staat anheim, sie selbst mussten schauen, wo sie unterkämen, viele als Priester in Pfarreien. Diese Weisung des Papstes bedeutete auch, dass die von Jesuiten gegründeten Schulen geschlossen wurden, worüber in Hall nicht nur die Stiftsdamen sehr traurig waren.
Der zweite Schlag erfolgte 10 Jahre später mit dem „josefinischen Klostersturm“. Kaiser Joseph II. ließ ab 1772 alle kontemplativen Klöster aufheben, die im Sinne der Aufklärung keinen Nutzen der Allgemeinheit bringen. Dagegen richtete er neue Pfarren ein und unterstützte Klöster, die in der Krankenpflege, im Unterricht und in der Pfarrseelsorge tätig waren. Obwohl das Haller Damenstift nach ausdrücklicher Satzung der Erzherzogin Magdalena kein Kloster war, fiel es trotzdem 1783 unter die Aufhebung des Kaisers. Innerhalb von vier Monaten musste die damals doch stattliche Zahl von 42 Damen das Stift verlassen. Man kann sich vorstellen, wie still und menschenleer es auf dem Stiftsplatz geworden ist: keine Jugend mehr, keine elegante Damen mit Besuchern aus nah und fern, keine mit schwarzer Soutane bekleidete Jesuiten, keine Arbeiter im Stift und Kolleg, keine Gottesdienstbesucher*innen mehr, kein Orgelspiel aus den beiden Kirchen zu hören.
Obwohl der Jesuitenorden schon 41 Jahre später von Papst Pius VII. mit der Bulle „Sollicitudo omnium ecclesiarum“ wieder zugelassen wurdeund sehr rasch zu alter Blüte wuchs, kehrten die Jesuiten nicht mehr nach Hall zurück, wohl aber nach Innsbruck. Somit blieb auch das Gymnasium geschlossen. Die Stadt bemühte sich jedoch sehr, ein Gymnasium weiterhin zu haben, und so fragten die Stadtväter bei den Franziskanern an, ob sie es übernehmen könnten. Erst ab dem Schuljahr 1798/99 und dem Dekret der k.k. Hofkanzlei vom 5.1.1801 war das Gymnasium als Vollanstalt im damaligen Sinn mit fünf Klassen von den Franziskanern wieder errichtet worden und ist bis heute geblieben.
Dr. Gerhard Rief